WEGFALL DER EEG-FÖRDERUNG - UNVERSTÄNDNIS BEI DEN WASSERKRAFTWERKSBETREIBERN

MdB Erndl und MdL Gibis setzen auf die regionale Wasserkraft

27.04.2022
Michael Segl (3.v.l.) und Klaus Schuster (2.v.r.) erklären dem Abgeordneten Max Gibis (3.v.r) direkt vor Ort in Neuschönau Details zur Wasserkraft
Michael Segl (3.v.l.) und Klaus Schuster (2.v.r.) erklären dem Abgeordneten Max Gibis (3.v.r) direkt vor Ort in Neuschönau Details zur Wasserkraft

Angesichts des Kabinettsbeschlusses des Bundes zum neuen EEG-Gesetz vom 06.04.2022 herrscht großes Unverständnis bei den örtlichen Wasserkraftbetreibern. So gesteht die Bundesregierung generell der Wasserkraft nicht den Status des „überragenden öffentlichen Interesses“ zu, obwohl dieser allen anderen Erneuerbaren Energien zugebilligt wird. Zudem soll die EEG-Förderung für Kleinanlagen mit einer Leistung bis 500 kW gestrichen werden. Damit würde einerseits der Neubau von Wasserkraftanlagen unter 500 kW nicht mehr über das EEG gefördert. Andererseits wären auch die bestehenden rund 4.000 Anlagen im Fall der Erhöhung ihres Leistungsvermögens von der EEG-Vergütung ausgeschlossen.

„Gerade in den Zeiten, in denen der Wandel hin zu erneuerbaren, krisensicheren und zuverlässigen Energien überall propagiert wird, überrascht diese Entscheidung sehr und ist der Supergau für alle Betreiber von kleinen Wasserkraftanlagen“, betont Klaus Schuster, Aufsichtsratsvorsitzender des Landesverbandes Bayerischer Wasserkraftwerke eG, beim vor Ort Besuch des Bundestagsabgeordneten Thomas Erndl sowie des Landtagsabgeordneten Max Gibis bei der Wasserkraftanlage von Michael Segl in Neuschönau, wozu sich knapp 20 Betreiber von Wasserkraftanlagen sowie auch Bürgermeister Alfons Schinabeck eingefunden hatten.


Das aktuelle Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) sichert den Erzeugern von Erneuerbaren Energien, darunter auch den Wasserkraftbetreibern, eine fixe Einspeisevergütung für den erzeugten Strom für eine Laufzeit von 20 Jahren. Durch die Novellierung des EEG-Gesetzes will der Bund den Strompreis für Unternehmen und Verbraucher noch schneller als geplant absenken und die EEG-Umlage für die Verbraucher bereits zum 01. Juli 2022 komplett abschaffen. Eine Einspeisevergütung für Energieerzeuger ist im neuen Gesetzentwurf für Neubauten sowie auch für Modernisierungen verbunden mit einer Leistungserhöhung nur noch für Wasserkraftanlagen mit einer Leistung von mehr als 500 kw/h vorgesehen. „Für Kleinwasserkraftwerke fällt damit nicht nur die Finanzierungsgrundlage weg, da man dann künftig nach Börsenpreis verkaufen müsste, der die Kosten kaum deckt, sondern durch den Wegfall der Bezeichnung der kleinen Wasserkraft als Öffentliches Interesse im Gesetzestext fehlt auch jegliche Zukunftsperspektive“, betont Klaus Schuster beim Besuch der Abgeordneten. „Ohne ein öffentliches Interesse werden wir uns bei der Verlängerung von Wasserrechten hohen Auflagen der Genehmigungsbehörden ausgesetzt sehen.“

Als Argument für den Wegfall der Förderung bei Wasserkraftanlagen bis 500 kW wird herangezogen, dass bundesweit betrachtet die kleine Wasserkraft keinen nennenswerten Beitrag zur Energieversorgung darstellt. „Regional betrachtet ist diese Aussage jedoch falsch“, macht Klaus Schuster klar. „Im Bayerischen Wald gibt es viele Kommunen, die größtenteils über regionale Wasserkraft versorgt werden“, bestätigen auch Wasserkraftwerksbetreiber Michael Segl und Bürgermeister Alfons Schinabeck. Ein Blick auf die Statistiken bestätigt diese Argumentation, vor allem für Bayern und Niederbayern. Mehr als die Hälfte der deutschen Wasserkraftanlagen stehen in Bayern und erzeugen damit auch über 50% des deutschen Stromertrags aus Wasserkraft. Während die 4.248 Wasserkraftwerke in Bayern über 20% des benötigen Stroms für Industrie, Wirtschaft und Endverbraucher erzeugen, bezieht der Regierungsbezirk Niederbayern sogar 36,7 % seines Strombedarfs aus der Wasserkraft. Im Landkreis Freyung-Grafenau erzeugen 138 Wasserkraftwerke, von denen nur drei über 500 kW Ausbauleistung liegen, etwa 27,6% des Stroms. In einzelne Gemeinden, wie etwa Mauth, werden sogar bis zu 80% des Stromverbrauchs mit Wasserkraft gedeckt.

Die beiden Abgeordneten Thomas Erndl und Max Gibis nahmen dabei deutlich Stellung. „Das Ende der Einspeisevergütung für Kleinwasserkraftwerke steht sowohl dem Erreichen der Klimaschutzziele entgegen und ist auch in der aktuellen angespannten energiepolitischen Lage nicht sinnvoll“, so MdB Thomas Erndl. Das Wegfallen der Fördermittel würde in Bayern über 90 % der Wasserkraftanlagen betreffen, die keinerlei Einspeisevergütung mehr bekämen und ist damit auf dem Weg zu erneuerbaren und sauberen Energien ein völlig falsches Zeichen“, ergänzt MdL Max Gibis. „Gerade die Wasserkraft kann dazu noch regional genutzt sowie dezentral eingespeist werden, spart damit hohe Netzkosten und leistet einen enormen Beitrag zur Versorgungssicherheit sowie zur Notversorgung“, betonen die beiden Abgeordneten.

„Rund 1 Mrd. kwh/Jahr kommt alleine in Bayern von der kleinen Wasserkraft, was alleine rund 340.000 Haushalt versorgt“, macht Klaus Schuster noch einmal die Tragweite klar. „Ohne eine Grundvergütung müssen viele kleine Wasserkraftanlagen mit 10 oder 20 kW Leistung den Betrieb einstellen, weil die Anlagen nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können, vor allem was Investitionen und Modernisierungen betrifft.“ Kraftwerksbetreiber Michael Segl ergänzt dazu: „Und selbst wenn wir Betreiber weitermachen wollen, befürchten wir für Modernisierungen oder Reparaturen keinen Kredit mehr zu bekommen, da keine gesicherten Einnahmen durch den schwankenden Börsenpreis vorzuweisen sind.“

Auch der Argumentation von Umwelt- und Naturschutz- sowie Fischereiverbänden, wonach die Durchgängigkeit der Gewässer nicht garantiert und der Lebensraum für viele Fische damit gestört ist, kontern die Wasserkraftwerksbetreiber: Laut Schätzungen des WWF gibt es in Bayern ca. 57.000 Querbauten in Flüssen, darunter aber nur 4.248 Wasserkraftwerke, wovon 70% eine Fischwanderhilfe haben. „Die Wasserkraft ist somit keinesfalls der große Verhinderer einer Durchgängigkeit“, so Klaus Schuster. „Außerdem weisen die Gewässer in Bayern durchwegs gute bis sehr gute ökologische Zustände vor.“

„Insgesamt sehen wir in der Wasserkraft noch viel mehr Potential, um sauberen Strom zu erzeugen, Fischwanderhilfen anzulegen und auch Hochwasserschutz zu betreiben“, waren sich die kleinen Wasserkraftwerksbetreiber einig. Thomas Erndl und Max Gibis versprachen, sich für die Interessen der kleinen Wasserkraft einzusetzen. „Gerade die Grünen müssen sich bei der Regierungsarbeit zu erneuerbarem und sauberem Strom bekennen und müssen ihren Reden auch Taten folgen lassen“, mahnten Erndl und Gibis an.

Auch die Bayerische Staatsregierung hat die Problematik mittlerweile erkannt und ihre Unterstützung für die bayerischen Kleinwasserkraftanlagen zugesichert. So hat das Bayerische Kabinett bei seiner Sitzung am 26. April beschlossen, im Bundesrat entsprechende Korrekturen vorzuschlagen. Gerade das im Oktober 2021 angelaufenen Förderprogramm des Freistaats für Wasserkraftanlagen zum Ausbau von technisch-ökologischen Modernisierungsmaßnahmen würde ohne eine Förderung durch das EEG für Anlagen unter 500 kW vollkommen ins Leere laufen.